Discothek in der Krebsmühle?
Ganz anders als die Linse entwickelte sich der zweite Teil des Vorhabens. Während Isolde und Gabi sich gut in den Krebsmühle-Zusammenhang einfügten und sich als Teil der Gruppe begriffen, war die Disco für ihren Betreiber Tom nur eine von vielen, mit denen er beschäftigt war. Der war also kaum anwesend und überließ die Überwachung der Arbeiten vor Ort seinem Partner Manfred, der – anders kann man es nicht sagen – nur am Geld interessiert und ansonsten ein echter Widerling war.
Konzessionsschwierigkeiten
Das Unternehmen stand unter keinem glücklichen Stern. Zwar war auch hier der Aus- und Umbau schnell durchgeführt worden, aber zur Erteilung der Konzession musste ein neuer Nutzungsänderungsantrag gestellt werden, der vom Oberurseler Magistrat genehmigt werden musste. Dass dieser nicht unbedingt zu den Freunden der Krebsmühle zählte, haben wir schon ausführlich beschrieben.
Also wurden in aller Ruhe die Stellungnahmen der Fachbehörden in Oberursel und Frankfurt eingeholt. Die fielen zwar allesamt positiv aus, wurden aber vom Magistrat mit der Begründung abgewiesen, die Gefahrensituation bei der Einfahrt zur Krebsmühle sei nicht angemessen berücksichtigt worden. Eine erneute Begutachtung sei erforderlich. Als auch diese wieder positiv ausfiel, entschied der Magistrat: Nein, keine Disco, Einfahrt zu gefährlich.
Unter Druck
Diese Entscheidung erreichte uns Mitte 1989 und brachte uns unter gewaltigen Druck. Einerseits entgingen uns 5.000 DM monatliche Mieteinnahmen, die längst verplant waren und dringend gebraucht wurden, andererseits drohten die Disco-Betreiber zusätzlich mit Schadenersatzforderungen.
Wir erhoben beim Regierungspräsidium Einspruch gegen die Magistratsentscheidung und bekamen Recht, allerdings erst Monate später, im Januar 1990. 14 Monate waren zwischenzeitlich vergangen, 70.000 DM an geplanten Mieten nicht geflossen. Und auch die nun erzwungenermaßen von Oberursel erteilte Genehmigung war vergiftet: Auflage war die Errichtung von 5 Straßenlaternen durch die Mainkraftwerke bei voller Kostenübernahme durch die Krebsmühle. Der Kostenvoranschlag dazu kam Anfang März mit 40.000 DM. Mittlerweile waren 16 Monate vergangen.
Eine Party und die Folgen
Zwischenzeitlich hatten die Disco-Betreiber mit einer Party die Akzeptanz ihres Publikums für eine Disco in der Krebsmühle getestet. Die war gewaltig. Und wir erlebten unmittelbar praktisch, wie schrecklich ein Disco-Betrieb in der Krebsmühle tatsächlich werden würde. Hier hatte unsere Geldnot uns auf einen Irrweg gebracht. Die Akzeptanz in der Gruppe (mit ihren Wohnräumen direkt angrenzend an die Disco) sank schlagartig auf Null, die gerade in ihre neue Wohnung eingezogene Familie Pawlowski machte unmissverständlich klar, dass man sich gegen die Lärmbelästigung zur Wehr setzen würde.
Lieber ein Ende mit Schrecken …
Nachdem neue Lärmmessungen durch Sachverständige aufzeigten, dass das Problem – wenn überhaupt – nur durch erhebliche Schallschutzmaßnahmen zu beheben sei, war die Luft raus. Die Disco-Betreiber wollten nicht weiter investieren, wir wollten und konnten die 40.000 DM für Straßenlaternen nicht aufbringen und überdies sowieso keine Disco mehr auf der Krebsmühle.
Über Monate entstand eine Pattsituation mit fertig eingerichteten, aber ungenutzten Disco-Räumen und gleichzeitig weiter fehlenden Mieteinnahmen, die wir dringend gebraucht hätten. In vielen Krisensitzungen gelang schließlich eine Einigung: gegen eine Abstandszahlung von 160.000 DM beerdigten die Disco-Betreiber das Projekt. Der Pachtvertrag wurde aufgehoben, die Räume konnten anderweitig verwendet werden.
Die Disco-Geschichte war der größte Flop in der Entwicklungsgeschichte der Krebsmühle und angesichts unserer finanziellen Misere eine absolute Katastrophe. Zusammenfassend beschrieben und öffentlich gemacht haben wir sie in einem Artikel in unserer neu aufgelegten ‚Stadtgrenze‘.
Es ist sicher nicht übertrieben zu sagen, dass diese Katastrophe der berühmte Tropfen war, der das schon volle Fass endgültig zum Überlaufen brachte und in der Folge zum Zusammenbruch und Ende der ‚alten‘ ASH führte.