Das Software-Team
Das Software-Team war die Programmierwerkstatt der ASH, in der vor allem die Software für unser eigenes Verwaltungsprogramm entwickelt wurde. Der Grundgedanke war, die zu Entscheidungsfindungen notwendigen Informationen so aufzubereiten, dass alle den gleichen Kenntnisstand haben oder doch zumindest haben können. Keine Angst, Ablehnung oder gar Verteufelung dieser neu aufkommenden Technologie also, sondern der Versuch, sie für Basisdemokratie im Rahmen der Selbstverwaltung zu nutzen.
CCS erneut der Impulsgeber
Wieder war es Rolf Saacke von CCS, der die Sache ins Rollen brachte. Bei CCS arbeitete – noch während seiner Schulzeit – Ralph Tiede. Er hatte dort für eine Hamburger Kreditbank ein Adressverwaltungsprogramm geschrieben. Dieses Programm sollte dem Verein Freunde und Förderer der Ökobank für den Aufbau seiner Mitgliederdatei zur Verfügung gestellt werden und musste an die neuen Anforderungen angepasst werden. Damit wurde Ralph beauftragt, der dazu 1985 erstmalig in die Krebsmühle kam, um die Aufgabe in direkter Kommunikation mit dem Ökobankverein zu lösen. Das schaffte er zwar an nur einem Wochenende, aber – wie immer – entwickeln sich aus der Anwendung eines Programms neue Wünsche und Anforderungen, und so war Ralph häufiger in der Krebsmühle zugange.
‚Textline-Das Büro‘ entsteht
Zur Messe Orgatec im Oktober 1986 war das Satzprogramm Textline so weit entwickelt, dass es dort vorgestellt werden konnte. Als ‚Tüpfelchen auf dem I‘ sollten mit dem Programm auch schön formatierte Serienbriefe erstellt werden können. Wieder übernahm Ralph diese Aufgabe und schrieb (programmierte) in Tag- und Nachtschichten innerhalb von 4 Wochen (!) die erste Version von „Textline – Das Büro“, die auf der Messe auch präsentiert wurde.
Weitere Programmier-Anforderungen
Weitere Programmier-Anforderungen in und um die Krebsmühle (etwa für Contraste die Entwicklung eines Moduls für den Postzeitungsvertrieb, womit jede Menge Porto eingespart werden konnte) und vor allem immer wieder notwendige Speziallösungen für den Satzbetrieb Textline führten zu der Idee, dafür eine eigene Firma zu gründen: „Softwareteam, Gesellschaft für besondere Lösungen mbH“ entstand im Sommer 1987 unter Führung von Ralph Tiede, Johannes Schoeppe und – später – Hans-Peter Martin.
‚Das Büro‘ – die Weiterentwicklung von ‚Textline-Das Büro‘ – war ursprünglich nur für den Bedarf der ASH/der Krebsmühle entwickelt worden (mit einem unverhältnismäßig hohen finanziellen Einsatz, muss dazu gesagt werden). Nun ging es bei Softwareteam darum, diese Software so rund und so stabil zu machen, dass sie auch verkauft werden und zumindest einen Teil der Entwickungskosten wieder einspielen könnte.
Softwareentwickler sind keine Kaufleute
Das Erste gelang mit Bravour. Nachdem das Programm zunächst im Freundes- und engen Bekanntenkreis installiert und die in der praktischen Anwendung noch auftretenden Fehler beseitigt waren, war ein Verwaltungsprogramm entstanden, das keine Wünsche offenließ. Noch heute, mehr als 30 Jahre später, wäre es schwierig (oder teuer), ein entsprechendes Programm mit so ausgefeilten Funktionen zu finden. In der Ablaugerei der Krebsmühle ist es nach wie vor im Einsatz.
Nachstehend ein paar Screenshots des Programms aus seinem Einsatz bei unserer Groß- und Einzelhandelsfirma Antika (mit Lagerhaltungsmodul und Vertreterabrechnung).
Schwer getan haben wir uns schon immer (und in vielen Bereichen) mit der offensiven Vermarktung. Wenn bei einer Niederlage beim Fußball davon gesprochen wird, dass einfach der ‚unbedingte Wille zum Sieg‘ gefehlt habe, könnte man das in Analogie so übersetzen: Es fehlte einfach der unbedingte Wille, richtig Geld zu verdienen. Was vermutlich damit zu tun hat, dass ‚Geld machen‘ oder ‚reich werden‘ in den ASH-Genen nicht nur nicht angelegt, sondern regelrecht verpönt (‚unmoralisch‘) war. Eine solche Grundhaltung wird man nicht los (will man die überhaupt loswerden?) und stößt damit an Grenzen.
Bei Softwareteam hätte man einen Vertriebszweig aufbauen müssen. Man hätte professionelle Werbeagenturen beauftragen und auf Messen präsent sein müssen. Jedenfalls hätte ein ’normaler‘ Unternehmer so geplant. Dafür aber waren die Jungs vom Softwareteam viel zu sehr Programmierer (Kreative) und auch im ASH-Umfeld fand sich niemand, das in die Hand zu nehmen. Der Kundenstamm für Das Büro entwickelte sich daher lediglich über Mund-zu-Mund-Propaganda und blieb entsprechend begrenzt.
Auftragsprogrammierung
Trotzdem entwickelte sich Softwareteam einige Jahre lang vielversprechend. Neben der Weiterentwicklung der Büro-Software wurden kleinere und größere Auftragsprogrammierungen durchgeführt, u.a. für den Verlag Medical Tribune (die weitgehend automatisierte Erstellung des Gebührenhandbuchs für Ärzte auf der Basis der Textline-Software) und den Verlag Schweizer Lexikon. Softwareteam konnte in dieser Zeit immerhin monatlich 6.000 DM zur Gesamtökonomie der Krebsmühle beitragen.
Das Ende von Softwareteam
Das Projekt scheiterte schließlich an einem Großkunden. Ralph beschreibt das Ende so:
„Das Projekt mit dem Schweizer Lexikon Verlag lief völlig aus dem Ruder. Am Ende standen bei uns 82.000 DM offene Forderungen, die nie bezahlt wurden. Das war ziemlich ätzend, weil ein Großteil der Schuld tatsächlich bei den Schweizern lag. Aus heutiger Sicht hatten Hans Peter und ich natürlich auch unseren Teil zum Desaster beigetragen. Wir waren halt keine ausgebildeten Geschäftsleute. Als dann auch andere Aufträge ausblieben, musste ich Anfang 1992 die Notbremse ziehen. Mit 160.000 DM Schulden bin ich dann aus der Mühle raus. Hans Peter habe ich aus der Verantwortung entlassen, weil er mir keine große Hilfe gewesen wäre. In den ersten zwei Jahren hat er mir aber auf freiwilliger Basis einiges aus seinen Verdiensten zukommen lassen, sodass es eine kleine Erleichterung für mich, wenngleich der große Brocken natürlich bei mir hing. Das war dann für mich das Ende der Selbstverwaltung und eine ziemlich harte Zeit, bis ich wieder alles geordnet hatte“.
Schuster, bleib bei Deinen Leisten …
So endete unser Ausflug in die Welt der EDV, vom dem wir uns versprochen hatten, ein neues – zukunftsträchtigeres – Standbein neben der Möbelbearbeitung und dem Möbelverkauf zu finden. Dass Ralph heute Leiter der Softwareentwicklung bei der Carl Zeiss SMT GmbH ist, verdeutlicht, welches Potential uns hier verloren ging.