Die Gruppe präsentiert sich mit ihrer LKW-Flotte. Den Hofgebäuden wurde zwischenzeitlich schon mal ein erster Anstrich verpasst (ein grässliches Gelb, aber wir hatten jede Menge dieser Lackfarbe entrümpelt, also kostenlos verfügbar).
2. Neue Betriebe: Ablaugerei und Druckerei
Die Ablaugerei, zunächst nur Randbetrieb der Restaurierungswerkstatt, wird zum eigenständigen Betrieb in neuen Räumen. Abgelaugt wird nun auch im Kundenauftrag, womit dieser Betriebsteil einen eigenen wichtigen Beitrag zur Gesamtökonomie leistet. Problematisch bleibt über viele Jahre, dass eigentlich niemand diese dreckige, gefährliche und gesundheitsschädliche Arbeit machen will. Wenige sind motiviert genug, diese Tätigkeit aus Einsicht in die Notwendigkeit trotzdem durchzuführen. Ernsthafte Probleme entstehen, als diese Wenigen mehr und mehr in andere Aufgaben eingebunden werden. So wird dieser Betriebsteil – immer argwöhnisch beobachtet in Zeiten wachsenden Umweltbewusstseins – später ausschließlich von gruppenfremden Mitarbeitern geführt.
Ganz im Gegensatz dazu sind viele begeistert, in der neu entstehenden Druckerei mitzuarbeiten. Solange diese nur eigene Flyer und Broschüren druckt, geht das auch OK. Da sie aber ebenfalls zur Ökonomie der Gruppe beitragen muss und deshalb zum Betriebsteil wird, der auch Kundenaufträge bearbeitet, lässt sich angesichts von Qualitätsanforderungen und Termintreue das geltende Rotationsprinzip schon bald nicht mehr aufrecht erhalten.
3. Kommunikation ist alles – das ASH-Café entsteht
Ein lange gehegter Traum wird wahr. In kontinuierlicher Auf- und Ausbauarbeit entsteht das ASH-Café als Kommunikationszentrum für die Gruppe, für Besucher und für die ’normale Bevölkerung‘. Anfangs noch eher zögerlich frequentiert, entwickelt sich das Café mit der Einführung des Sonntagsfrühstücks und unserer ‚heißen Brottaschen‘ schon bald zu einem Ausflugsziel. Es gelingt, die Auflagen für eine Vollkonzessionierung zu erfüllen. Das Café wird zum Café-Restaurant.
Die Räume werden ständig umgemodelt und weiterentwickelt, die Konzepte verbessert. Nach dem Ausbau der Mühlenräume zu Seminarräumen übernimmt das Krebsmühle-Café zusätzlich die Verpflegung der Seminaristen. Die Belegschaft umfasst schließlich 12 Personen. Die Krebsmühle hat mit Restaurierungswerkstatt, Ablaugerei, Laden und Café nun die Grundstruktur, die bis heute trägt.
Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 flieht das gesamte Café-Team in die Berge und den Süden. Für eine kurze Zeit wird das Café danach zu einer Pizzeria, geführt von unseren italienischen Mitarbeitern. Ein erfolgloser Versuch, der damit endet, dass der Restaurantbetrieb 1988 verpachtet wird: die Linse-Ära beginnt.
4. Mietkauf und Hochwasserkatastrophen
Zum 1.7.1980 wird der Mietkaufvertrag mit Geschi-Brot abgeschlossen. Gekauft wird aber nicht von der ASH GmbH, sondern von dem zu diesem Zweck gegründeten ‚Hilfe zur Selbsthilfe e.V. ‚. Dies soll sicherstellen, dass der mit Kaufraten und Ausbauleistungen entstehende Mehrwert nicht privatisiert werden kann, sondern auf Dauer im gemeinnützigen Bereich verbleibt. Diese Selbstenteignung ist unser Beitrag zur Debatte um die ‚Neutralisation des Kapitals‘.
Er bedeutet in der Praxis, dass es in Zukunft für ‚Aussteiger‘ aus der Gruppe keinen Anspruch auf Entschädigung gibt und umgekehrt von Neueinsteigern kein ‚Eintrittsgeld‘ erhoben werden muss. Eine sehr weitsichtige Entscheidung, wie sich im weiteren Verlauf der Entwicklung bis heute noch zeigen sollte.
Die ‚Jahrhunderthochwasser‘ von 1981 werden zur finanziellen Katastrophe und führen zu einer jahrelangen Abhängigkeit vom Goodwill der Geschi-Brot – immer hart an der Grenze zur Aufhebung des Vertrages und zum Verlust der Krebsmühle mit allen erbrachten Ausbauleistungen. Hauptsächlich an den Belastungen aus den Hochwasserschäden scheitert die ASH GmbH. Sie wird ersetzt durch die neugegründete Krebsmühle GmbH.
5. Augen zu und durch …
Zu den finanziellen Schäden durch die ‚Jahrhundert’hochwasser kommen noch hohe Kanalanschlussgebühren, so dass wir Anfang 1983 mit 180.000 DM bei Geschi-Brot verschuldet sind. Das Risiko, die Krebsmühle zu verlieren, ist unmittelbar greifbar. Unsere SPD- und Gewerkschaftskontakte verhelfen uns zu einem Kredit der BFG. Damit und der Hilfe von Freunden gelingt es, das Unheil noch einmal abzuwenden.
Stattdessen stürzen wir uns in zwei neue Abenteuer, die uns die nächsten Jahre sehr beschäftigen werden.
Dies ist einerseits das Projekt ARENA-Freies Theater in der Krebsmühle, mit dem die Krebsmühle zu einem – je nach politischer Positionierung geliebten oder verhassten – anerkannten Kulturbetrieb der Region und Frankfurts wird.
Und es ist andererseits das Projekt Lernwerkstatt: In der Krebsmühle entsteht – unter Trägerschaft des HSH e.V. – eine ausserbetriebliche Ausbildungswerkstatt für 14 Lernlinge (nicht Lehrlinge), die in Konflikten mit der Handwerkskammer und der Berufsschule in Oberursel für eine Menge Aufregung sorgt.
6. Neues Selbstbewusstsein schafft Feinde
ARENA-Gründung, Lernwerkstatt, Projektemessen … all dies stärkt unser Selbstbewusstsein gewaltig. Ein neues Logo wird entwickelt und fortan prangt ein Krebs mit herausfordend erhobener Faust an der Giebelwand. Zudem entwickeln wir unsere eigene Zeitung, die ‚Stadtgrenze‘, um auch in der unmittelbaren Nachbarschaft Öffentlichkeit für unsere Anliegen und Aktivitäten zu schaffen.
Dies gefällt nicht jedem – vor allem nicht dem CDU-Magistrat in Oberursel und der konservativen Presse. Die nutzt jede Gelegenheit, uns öffentlich an den Pranger zu stellen und uns ein Schmuddelkind-Image zu verpassen – was wiederum dem Magistrat dazu dient, mit Auflagen oder gar Schließung zu drohen.
Die ‚Stadtgrenze‘ hält rotzfrech dagegen und sorgt für Ruhe an der Front.
7. Terrassenbau
Wir finden für eine Menge von Problemen eine relativ einfache und doch nachhaltige Lösung mit dem Bau einer Terrasse. Diese schafft zum erstenmal neuen (zusätzlichen) Raum, erweitert die vorhandenen Rettungswege (und macht damit den weiteren Theaterbetrieb möglich) und löst das logistische Problem der bis dahin nicht vorhandenen Verbindung sowohl zwischen der oberen Hofebene und dem unteren Betriebshof als auch zwischen dem Betriebshof und dem hinteren Teil des Geländes mit Zugang zum Treppenhaus der Mühle.
Die ARGUK-Laborräume entstehen; der Laden erhält einen neuen repräsentativen Eingang.
Die neue Terrasse wird zum zentralen Herzstück des Krebsmühle-Geländes.
8. Unser Ausflug in die Welt der EDV
Aus unserem über die Ökobank-Initiative enstandenen Kontakt zur anthroposophischen Aktion Dritter Weg und deren Mitgliedsunternehmen CCS GmbH in Hamburg entwickeln sich zwei neue ASH-Betriebe:
Die Firma Textline GmbH beschäftigt sich mit der Entwickung der gleichnamigen Satz-Software und wird zum Photosatz- und Belichtungsstudio.
Die Firma Softwareteam wird unsere Programmierwerkstatt. Hier entsteht die auf die Bedürfnisse der Selbstverwaltung zugeschnittene Verwaltungssoftware Das Büro. Zusätzlich werden Auftragsprogrammierungen durchgeführt.
Es scheint, als könnten wir neben der Möbelbearbeitung und dem Möbelverkauf in einem neuen, zukunftsträchtigen Bereich Fuß fassen. Nach einigen erfolgreichen Jahren scheitern beide Ansätze. Textline wird von der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung überrollt, bei Softwareteam fehlen uns Vermarktungskompetenzen.
9. Der HSH e.V. wird Eigentümer der Krebsmühle
Nach 11 Jahren wilder Ausbautätigkeit mit ungezählten Arbeitsstunden und enormem Materialeinsatz gelingt 1986 endlich eine Umschuldung, die den Bestand der Krebsmühle sichert.
Wir erhalten einen Kredit der gerade neu gegründeten Stiftung Umverteilen!, mit dem wir den Mietkaufvertrag mit Geschi-Brot auslösen und einen großen Teil der für den Ausbau entstandenen Schulden abbauen können.
Die Gefahr, dass uns die Krebsmühle (laut Vertrag bei mehr als 3 offenstehenden Mieten) entschädigungslos wieder abgenommen werden könnte, ist endlich gebannt.
10. ‚Fremd’vermietungen – PuFo und ARGUK
Der ökonomische Dauerstress zeigt: wir werden es alleine nicht schaffen, die Krebsmühle zu halten.
Die ersten ‚Fremd’mieter sind der Verlag Publik Forum, der gerade neue Verlagsräume sucht und die ARGUK, die sich vom Verein zum Laborbetrieb mausert und dafür ebenfalls Räume benötigt.
Im Konflikt um den Einzug von PuFo zeigt sich erneut, dass wir das Schicksal der Krebsmühle den chaotischen und zufälligen Plenumsentscheidungen nicht überlassen dürfen. Die langjährigen ASH-Mitglieder erklären sich zu HSH-Mitgliedern und bilden ein neues Entscheidungsgremium: der HSH e.V. wird – wenn auch zunächst auf informeller Ebene – zum ersten mal aktiv.
11. Adu stirbt – die Kerngruppe zerfällt
Anfang Juli 1988 kehrt Adu von einem Klinikbesuch nicht mehr zurück: seine neu implantierte Niere wird vom Körper abgestoßen, Adu stirbt am 16.7.1988.
Ein wichtiges Bindeglied geht der Gruppe verloren. Wichtige Mitglieder der Kerngruppe verlassen die ASH. Die stürzt in eine tiefe emotionale und ökonomische Krise und verliert die Kraft, weiterhin Politik zu machen. Den Irritationen nach dem Fall der Mauer hat sie politisch nichts mehr entgegen zu setzen. 1989 ist die alte ASH tot.
12. Weiterer Ausbau mit PuFo
Die Finanzkrise spitzt sich weiter zu. Alle Kräfte sind gebunden im Versuch, den ökonomischen Niedergang der Betriebe zu stoppen. Händeringend wird nach entsprechenden – finanzierbaren – Werbemöglichkeiten gesucht.
An einen weiteren Ausbau der Krebsmühle wäre nicht zu denken, hätte nicht der Verlag Publik Forum gleichzeitig einen ungeahnten Aufschwung, entsprechenden zusätzlichen Raumbedarf und auch die Mittel, den dafür notwendigen Umbau vorzufinanzieren.
Das Dachgeschoss des ehemligen Müllerhauses wird zur Wohnung ausgebaut, ein weiteres Mühlenstockwerk den bisher genutzten Verlagsräuzmen hinzugefügt.
13. Einzug der ‚Linse‘ und Disco-Katastrophe
Weiter geht es mit der Strategie der Fremdvermietungen. Der zuletzt inklusive ARENA mit rund 25.000 DM monatlich subventionierte Café-Restaurant-Bereich wird zunächst ersetzt durch einen selbständigen Pizzeria-Betrieb aus ehemaligen Mitarbeitern. Nach dessen Scheitern erfolgt die Verpachtung des gesamten Gastro-Bereichs für den Betrieb sowohl einer neuen Gastronomie als auch einer Disco.
Im Dezember 1988 eröffnet die ‚Linse‘ mit neuer zukunftsweisender Gastronomie und mausert sich in der Folge zu einem regional kulinarisch bedeutenden Ausflugslokal.
Der Versuch, parallel eine Disco in Betrieb zu nehmen, scheitert (von heute aus gesehen glücklicherweise) und wird zur ökonomischen Katastrophe.