Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.
Wir haben später oft überlegt, wie es bei dem – gelinde gesagt – angespannten Verhältnis zwischen ASH/Krebsmühle und dem tiefschwarzen Oberurseler Magistrat überhaupt zu unserem Einzug kommen konnte. Das war vermutlich ein Vorteil der Lage direkt an der Stadtgrenze zu Frankfurt, also weitestmöglich entfernt vom Rathaus: die haben das wohl einfach nicht mitgekriegt. Zuständig waren ja bei unserer Anmeldung die Fachbehörden (Gewerbeaufsichtsamt, Bauamt, Einwohnermeldeamt usw.) und von den Kolleg*innen dort – das soll hier ausdrücklich betont werden! – wurden wir immer korrekt, eher sogar freundlich behandelt.
Vielleicht hat man später gedacht, das Problem würde sich qua Bankrott oder Auflösung der Gruppe von selbst lösen?
Egal, ob die Bürgermeister Harders (1978-1990), Schadow (1990-1996) oder Krämer (1996-2003) hießen und egal welche 1. Stadträte und Kämmerer regierten – ein Verhältnis zur Krebsmühle fand nicht statt, und wenn doch, war es negativ. Wo es immer ging, wurden uns Knüppel zwischen die Beine geworfen, fleißig unterstützt von der reaktionären ‚Taunus Zeitung‘, einem Ableger der ‚Frankfurter Neuen Presse‘.
Im Februar 1984 eskalierte die Situation anlässlich eines harmlosen ‚Brandes‘ in einem Topf mit Bienenwachs. Was folgte, war – wie wir heute sagen würden – ein regelrechter ‚Shitstorm‘ mit Lügen und Übertreibungen, wie wir ihn bis dahin noch nicht erlebt hatten. ‚Lebensgefährlich‘ sei der Aufenthalt in der Krebsmühle, die Verhältnisse dort ‚ein Skandal‘ (Zitat: „da hausen etwa 25 Personen in Löchern, das kann man sich garnicht vorstellen“). Die ersten 3 Seiten der ‚Stadtgrenze‘ vom März ´84 haben wir zu Dokumentationszwecken als PDF zusammengestellt und hinterlegt.
Nun mag eine solche Kampagne angesichts der ‚Shitstürme‘, die wir heute im Internet erleben, eher harmlos erscheinen. Für uns damals war es eine echte Existenzbedrohung. Ohne unsere ‚Stadtgrenze‘ hätten wir keine Chance gehabt, uns gegen solche üble Nachrede zu wehren. Und ‚hängen‘ bleibt dann immer was.
‚Ein dummes Blatt‘ sei die ‚Stadtgrenze‘, meinte der Stadtkämmerer … und kriegte im nächsten Editorial der ‚Stadtgrenze ‚ dafür prompt wieder einen auf die Mütze.
Sicher haben wir in unseren Beiträgen oft überzogen und taktisch war es vermutlich auch nicht sehr geschickt, sich mit den örtlichen Autoritäten in dieser Weise anzulegen – aber es war so herrlich befreiend …
Die ‚Stadtgrenze‘ erschien von ihrer ersten Ausgabe im Oktober ’83 an bis zum September ´84
(der Ausgabe zur Projektemesse) regelmäßig/unregelmäßig kontinuierlich acht mal und noch ein weiteres mal im Frühjahr 1985 zum Thema Zwischenprüfung der Lernwerkstatt, dem nächsten Konflikt.
Danach war Ruhe. Einerseits hatten die Anfeindungen aufgehört (und waren folgenlos geblieben), andererseits mussten wir feststellen, dass wir – ohne solche Konflikte – nicht genug Themen hatten, monatlich oder zweimonatlich eine Zeitung mit interessanten Inhalten zu füllen. ‚Aussenpolitisch‘ waren wir nach der Projektemesse sehr damit beschäftigt, die neue Zeitung ‚Contraste‘ und die Eigenkapitalsammlung für die Ökobank voranzutreiben. ‚Innenpolitisch‘ drückte der aus der Debatte um die Zwischenprüfung entstandene Konflikt mit der Lernwerkstatt ebenso auf die Gemüter wie die sich wieder verschärfende ökonomische Lage. Einen Ausweg daraus suchten wir – sehr zukunftsorientiert – in unserem Abstecher in die Welt der EDV.