Neue Perspektiven beim HSH e.V.
Nach wie vor waren drei Mühlenstockwerke nicht ausgebaut und ungenutzt. Die ehemaligen ARENA-Theaterräume standen leer. Ein komplettes Stockwerk im ‚Alten Haus‘ war ungenutzt. Und es gab nach wie vor keine Klarheit über das weitere Schicksal der zur Diskothek umgebauten ehemaligen Café-Räume. Klar war hier (seit dem 10.4.90) nur, dass der Betrieb als Disco nicht aufgenommen würde und eine Abfindung von 160.000 DM gezahlt werden müsste, damit der Vertrag aufgelöst und die Räume anderweitig verwendet werden könnten.
Das waren also die aktuellen Baustellen beim Verein. Nur über eine Nutzung (Vermietung) dieser leerstehenden Räume konnten die dringend benötigten zusätzlichen Mittel zur Schuldentilgung aufgebracht werden.
Lösungsansätze
Einen Teil des Problems löste Publik Forum mit der Anmietung des dritten Mühlenstockwerks und der damit verbundenen Erhöhung der Quadratmetermiete von 10 auf 11 DM.
Für das Stockwerk im ‚Alten Haus‘ fand sich eine vorübergehende Vermietung an die Aktion Perestroika, die mit dem Gorbatschow-Spruch ‚Die Angst muss von der Erde verschwinden‘ um Spenden für ‚Initiativen in der UDSSR‘ warb, ‚die auf eine demokratische und ökologische Gesellschaft hinarbeiten‘. Das wollten wir gerne unterstützen und stellten die Räume für einen solidarischen, eher symbolischen Preis von pauschal 1.000 DM für einen Dreimonatszeitraum zur Verfügung. Dass wir damit nicht wie gehofft etwas gutes getan, sondern unwissentlich eine obskure Sekte bei ihren betrügerischen Aktivitäten unterstützt hatten, erfuhren wir erst – leider zu spät – durch die TAZ.
Die meisten Hoffnungen für eine neue Offensive der Krebsmühle entstanden, als sich mit Christine Salzmann und dem N.N.-Theater eine freie Theatergruppe fand, die die ARENA -Räume inklusive unseres kaum genutzten Betriebscafé-Raumes (jetzt zum Foyer umgebaut) komplett anmieten und in eigener Regie als Theaterraum betreiben wollte. Wir waren begeistert, dachten wir doch, auf diese Weise die Tradition unseres Theaters in der Krebsmühle – nur diesmal ohne Subventionen – fortführen zu können. Das letzte Geld wurde zusammengekratzt, um die Räume ansehnlich herzurichten.
Die Betreiber starteten mit großen Plänen (siehe den beigefügten Artikel aus unserer Stadtgrenze) und großem Engagement. Das sah sehr gut aus – zumal auch die Presse (nebenstehend der Aufmacher der Frankfurter Nachrichten zu ihrem Bericht) wie erhofft die Krebsmühle nach langer Zeit wieder wahrnahm.
Dass wir ‚das Konzept Selbstverwaltung aufgegeben‘ hätten, taucht in diesem Artikel zum ersten mal hervorgehoben (blau unterlegt) auf.
In den vielen – durchweg positiven – Berichten über die Krebsmühle, die in der Zukunft noch folgen sollten, blieb das niemals unerwähnt und wurde sowas wie ein Leitmotiv. Es war ja nicht abzustreiten (und mit dem Hinweis, dass in den Krebsmühle-Betrieben de facto durchaus autonom = selbstverwaltet gearbeitet wurde, nicht zu entkräften), bedeutete aber immer wieder einen Stich ins Herz.
Auch für die jetzt noch leerstehenden Räume gab es einen Plan (auf den uns Arno Huber gebracht hatte). Die 90er Jahre waren de Zeit der ersten großen Flüchtlingswelle. Überall hausten Flüchtlinge in Notunterkünften, Zelten, Turnhallen oder in heruntergekommenen Hotels. Wie wäre es, aus den ungenutzten Räumen der Krebsmühle menschenwürdigen Wohnraum für Flüchtlinge zu machen? Ende Mai unterbreiteten wir dem Hochtaunuskreis ein entsprechendes Angebot und traten in Verhandlungen dazu ein.
Neue Offensive: Wiederaufleben der ‚Stadtgrenze‘
Dies alles schien Grund genug, einer breiteren Öffentlichkeit mitgeteilt zu werden, zumal für die Betriebe, das veränderte Ladenkonzept und das ARENA-Programm Werbung gemacht werden musste. Naheliegend war der Gedanke, dazu unsere Hauszeitung ‚Stadtgrenze‘ wiederzubeleben.
Der Leitartikel der ersten Ausgabe (15 Jahre danach … aus subjektiver Sicht) beschreibt den Stand der Dinge und unsere Pläne für die nahe Zukunft in großer – und durchaus selbstkritischer – Offenheit.
Geplant war (in bekannter Selbstüberschätzung), die neue Stadtgrenze 4 mal jährlich erscheinen zu lassen. Dazu reichte aber unsere Kraft nicht und es fehlte an Themen. So blieb es bei den beiden Ausgaben im Jahr 1990.
Für unser Satz- und Belichtungsstudio Textline war die Zeitungsproduktion ein wunderbares Experimentierfeld. Mussten in der ersten Ausgabe die Fotos noch herkömmlich montiert (eingeklebt) werden, war das Satzprogramm ‚Textline‘ ein halbes Jahr später so weit entwickelt, dass Text und Bilder am Computer zusammengefügt und komplette ’seitenglatte‘ Filme ausgegeben werden konnten – die Voraussetzung für die Produktion des Allgemeinen Hochschulanzeigers der FAZ und die komfortable Erstellung der CONTRASTE.